Wenn ihr mich fragen würdet, was die drei treffendsten Wörter für dieses Kung Fu Trainingslager sind, dann würde ich antworten: Schweiß, Regen und Werwolf. Klingt komisch? Ist es aber nicht! Ihr habt nämlich vergessen, nach dem vierten, dem wichtigsten Wort zu fragen: Spaß. Denn der war auf jeden Fall dabei!
Sonntag, 25.07. Um 09.15 Uhr trafen wir uns alle am Berliner Hauptbahnhof.
Es gab ein großes Wiedersehen, da viele Leute, die letztes Jahr dabei gewesen waren, auch diesmal wieder mitkamen. Natürlich gab es auch einige, für die es das erste Kung Fu Trainingslager war. Umso gespannter und aufgeregter waren alle auf der mehrstündigen Fahrt, die zwar ohne Probleme ablief, jedoch zugegebenermaßen ein wenig anstrengend war. Wir mussten nämlich zweimal umsteigen und das ist bei einer Gruppe von 20 Leuten immer stressig: Sind alle da? Moment mal, sind auch alle Koffer da? Wem gehört diese Tasche? Und so weiter und so fort.
Als wir endlich freudig am Bahnhof in Ribnitz-Damgarten ankamen, erwartete uns schon die erste unangenehme Überraschung: Durch den starken Regen der letzten Tage war offenbar die Unterführung, die uns auf schnellstem Wege zu unserer Herberge gebracht hätte, überschwemmt. So mussten wir dann einen Umweg mit all unseren schweren Taschen laufen. Oder soll ich eher sagen wir schleppten uns dahin?
Irgendwann war dann das Haus in Sicht und wir konnten unser Gepäck abstellen. Während Andreas noch mit der dafür zuständigen Herbergsfrau das weitere Vorgehen besprach, konnten wir schon mal unsere neue Umgebung erkunden und reckten neugierig unsere Nasen in den Nieselregen. Wo sollen wir Kung Fu trainieren? Keiner hatte eine Wiese entdeckt, die groß genug gewesen wäre.
Aber erstmal bezogen wir unsere Zimmer: Betten fertig machen, auspacken, schauen, wo die Toiletten, Duschen und der Essensraum sind und dann einfach ankommen. Bald darauf kamen auch Anja und Meister Stefan an, die mit dem Auto gefahren waren, und dann gab es die Einweisung für die nächste Woche. Dabei erfuhren wir auch, dass unsere Trainingswiese hinter dem Haus war und atmeten erleichtert auf. Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, war, dass wir die Wiese in der ganzen Zeit nur einmal würden nutzen können.
Aber zum Glück stellte die Herberge uns noch dazu eine recht große, auf einer Seite verspiegelte Halle zur Verfügung. Außerdem eröffnete Meister Stefan uns, dass er wie jedes Jahr Einzelgespräche führen wollte, in denen jeder einzelne seiner Schüler mit ihm über dessen Ziele, Wünsche, Sorgen und vieles mehr reden konnte. Dafür sollten wir gleich am ersten Abend Fragebögen ausfüllen, die es ihm erleichterten, Ansatzpunkte für das Gespräch zu finden.
Vor dem Abendessen holten wir uns alle noch unsere Stöcker ab und dann gabs erstmal wohlverdiente Spaghetti mit Bolognese und als Nachtisch Eis, zwar kaum passend zum Wetter, aber lecker. Danach spielten wir alle zusammen die erste Werwolf-Runde [Anm.: Kartenspiel für Gruppen] in diesem Trainingslager. Und es sollte garantiert nicht die letzte bleiben.
Am nächsten Morgen begrüßten uns ein grauer Himmel und Regen. Aber das konnte uns Kung-Fu-Schüler nicht die Laune verderben: Gleich würden viele von uns das erste Mal einen Langstock in den Händen halten!
Um 8.00 Uhr gab es Frühstück und anderthalb Stunden später begann dann auch gleich die Trainingseinheit in der Halle. Wir übten zuerst, den Stock mit beiden Händen vor dem Körper zu drehen, dann auch mal über dem Kopf oder nur mit einer Hand. Als wir ein Gefühl für diese neue Waffe bekommen hatten, machten wir am Ende der Trainingsstunde sogar schon erste Partnerübungen wie die Stockabhärtung, die uns wirklich Spaß machte.
Nach dem Training war erstmal Pause und dann aßen wir um 12.00 Uhr Mittag. Von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr trainierten wir das zweite Mal an diesem Tag, wiederholten die Grundübungen, die Partnerübungen und schon erste Techniken aus der Stockform. Das Training verging wie im Flug; so viele neue und interessante Dinge lernten wir. Danach blieben einige Leute noch in der Halle und übten selbstständig weiter, während der Rest duschen ging. Bis zum Abendessen hatten wir schließlich noch etwas Zeit, in der wir spielten oder uns ausruhten und danach wurde mehrheitlich beschlossen, wieder Werwolf zu spielen.
Am Dienstag regnete es glücklicherweise nicht und wir schöpften neue Hoffung, auf der Wiese trainieren zu können. Das war dann jedoch erst am Nachmittag möglich, aber immerhin! In der morgendlichen Trainingseinheit lernten wir die ersten fünf Zählzeiten der Stockform kennen, während wir sie dann am Nachmittag auf der Wiese bis fast zum Ende kennenlernten.
Nach dem anstrengenden Training gingen wir zusammen Knabberzeug einkaufen, dann gab es ein Übungsleiterseminar, Einzelgespräche und schließlich am Abend ein paar Runden Werwolf. Das Werwolf-Fieber war ausgebrochen.
Am Mittwoch enttäuschte uns das Wetter erneut: Regen, Regen, Regen. Und die Wiese nass. Natürlich. Aber nichtsdestotrotz waren wir alle gespannt auf das Ende der Form. Es war zwar ziemlich schwierig, doch ich denke, wir waren optimistisch: Es sollte noch viele Gelegenheiten geben, die Bewegungen zu üben.
Nach dem Mittag schließlich schwang das Wetter plötzlich um und die Sonne ließ sich blicken. Es wurde heiß unter den schwarzen Anzügen, als wir zu unserer Trainingswiese liefen. Der Schweiß lief schon vor der Erwärmung und die Hitze knallte auf unsere Köpfe. Nach einer halben Stunde beschloss Meister Stefan dann, dass wir das Kung Fu Training in der Halle fortsetzen sollten, wegen der Gefahr eines Sonnenstichs. Welch Ironie! Erst ist die Wiese zu nass, dann scheint die Sonne zu stark.
Am Abend spielten ein paar Leute zur Abwechslung mal Kubb, dann ging das Werwolf-Fieber weiter. Am Donnerstag machte sich bei vielen Muskelkater bemerkbar und erste Erschöpfung. Da passte es ganz gut, dass wir am Nachmittag vorhatten, in die Therme zu gehen. Aber zuerst einmal war für das erste Training höchste Konzentration gefordert. Wir liefen in 4er Gruppen die Stockform durch, am Ende sogar kurz auf der Wiese, festigten die Abfolge der Bewegungen, verbesserten erste Details und machten ein Gruppenfoto.
Um 12.00 Uhr trafen wir uns dann am Eingang der Herberge, um zur Therme zu laufen. Wir hatten für den Tag Lunch-Pakete bestellt und uns Brötchen geschmiert. Es konnte losgehen. Drei Stunden verbrachten wir im Wasser: Es gab eine Rutsche, ein Wellenbecken, Sprungtürme und ein Schwimmbecken. Ihr seht, wir hatten unseren Spaß und waren danach alle fix und fertig. Viele legten sich, wieder angekommen, gleich mal aufs Ohr und standen erst zum Abendbrot wieder auf.
Natürlich wurde nach dem Essen wieder gespielt. Am Freitag liefen wir beim ersten Training hauptsächlich die Form durch und konzentrierten uns auf die Verbesserung individueller Details, die Meister Stefan uns gesagt hatte. Auf einmal war das Training dann auch viel anstrengender als vorher, da wir die Stockform ohne Zählzeiten laufen mussten.
Auch bei der zweiten Trainingseinheit forderte die Form Konzentration und Anstrengung von uns. Alle waren durchgeschwitzt, erschöpft, jedoch vor allem Stolz darauf, eine neue Form zu kennen. Jeder kam an diesem Tag gut durch die Bewegungsabfolge, die sich gefestigt hatte und wollte sie nun möglichst korrekt, kraftvoll und schnell laufen. Es wurden kleine Technikfehler verbessert und viele gingen an ihre Grenzen – mit Erfolg.
Der Grillabend, der für diesen Tag geplant war, fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser: Regen, Wind und noch mal Regen. Keine gute Kombination. Wir drückten uns die Nasen am Fenster platt. Wann hörte der Regen endlich auf? Doch das tat er nicht. Und da fingen Meister Stefan, Anja und Andi einfach trotzdem an zu grillen. Nach einigen Startschwierigkeiten und Feuertänzen vom Meister brannten die Kohlen endlich und einige Zeit später konnten wir endlich essen. Es wurde dann doch noch ein ganz schöner Abend, diesmal ohne Werwolf, dafür aber mit Rätseln und Mathematikaufgaben zum Knobeln.
Am nächsten Morgen wurde uns allen schmerzlich bewusst, dass wir nun die letzten beiden Trainingseinheiten für diese Woche vor uns hatten. Die Zeit war wirklich wie im Flug vergangen. Umso mehr strengten wir uns jetzt an, gingen trotz Erschöpfung noch einmal an unsere Grenzen, liefen die Form sogar zu Musik. Das Resultat des Tages: Schweiß, Schweiß, Schweiß und glückliche Gesichter.
Am Sonntag lag Abschiedsstimmung in der Luft. Wir packten unsere Sachen und unser Essen ein, zogen die Betten ab und liefen zurück zum Bahnhof. Nachdem wir schon einen Zug eher erwischt hatten, kamen wir bereits 14.38 Uhr in Berlin an und verabschiedeten uns.
Bedrückte Gesichter, aber auch noch etwas anderes: die Gewissheit, dass das nicht das letzte Kung Fu Trainingslager sein wird.
Und ich möchte nächstes Jahr gerne wieder mit dabei sein! (Insa K.)