Kampfsport in der DDR / Ostberlin
Mitte der achtziger Jahre war mit Ausnahme von Judo asiatischer Kampfsport in der DDR unerwünscht. Doch das bedeutete nicht, dass er nicht trainiert wurde. Einige Judomeister und Trainer unterrichteten nebenbei heimlich Karate. Auch Meisterin Ute Phạm hat in den achtziger Jahren zunächst Judo und Karate trainiert. 1985/86 lernte sie Großmeister Phạm ngọc Quân kennen und begann dadurch auch mit dem Kung Fu Training. Einige ihrer Trainingspartner wechselten damals mit ihr vom Karate zum Kung Fu.
Als 1989 die Mauer fiel und wenig später Deutschland wiedervereinigt wurde, war auch die Zeit des Verbotes asiatischer Kampfsportarten vorbei. Der Weg für offizielles Training war frei. Meisterin Ute Phạm schaltete 1990 eine Zeitungsannonce für ein Kung Fu -Wochenendworkshop vor einem Jugendclub im Freien. Der Ansturm war überwältigend. Ungefähr 200 Leute folgten der Aufforderung und nahmen am Training teil. Dieser Workshop wurde später wiederholt.
Parallel dazu unterrichtete Meisterin Ute Phạm in den Jahren 1990/91 Selbstverteidigung für Frauen in Einrichtungen in Prenzlauer Berg und in Hellersdorf. Diese Kurse waren mit ca. 20 Teilnehmerinnen sehr gut besucht. Besonders erinnert sich Meisterin Ute an eine 75 jährige Teilnehmerin, welche schon in der DDR Judo trainierte und auch mit Übungen wie Liegestütze keinerlei Schwierigkeiten hatte.
In Adlershof wurden zur gleichen Zeit ca. 100 Schüler von Großmeister Phạm ngọc Quân und Meisterin Ute Phạm zweimal pro Woche von 15 bis 21 Uhr trainiert. Dort fand das Training im Sommer auf einem Parkplatz statt und wurde in der kalten Jahreszeit in den Vorraum des “Com Ins” verlegt.
Eine andere Trainingsstätte war ab 1990 die Turnhalle in der Rhinstraße 137. Diese Halle gehörte zu keiner Schule mehr, durfte aber auch wegen des Einigungsvertrags nicht abgerissen werden. Zu dieser Zeit trainierten ca. 200 Kung Fu Anhänger in dieser Turnhalle.
Die Trainingsorte konnten damals noch privat für Geld gemietet werden. Allerdings änderte sich das schnell, als das Sport- und Bäderamt seine Arbeit aufnahm und verstärkt Kontrollen durchführte. Schließlich waren Turnhallen nur für eingetragene Sportvereine vorgesehen. Gegen Ende des Jahres 1991 ergab sich dadurch ein Problem. Meisterin Ute Phạm verkündete damals ihren volljährigen Schülern nach dem Training, dass es nötig ist einen Verein zu gründen. Ansonsten hätten die 200 Schüler keine Möglichkeit mehr in der Turnhalle zu trainieren.
Man wusste über die Gründung eines Vereins nur, dass sieben Gründungsmitglieder und einen Vorstand benötigt werden. Das sollte sich jedoch schnell ändern.
Die Vereinsgründung
Der Kunstkampfsport-Club e.V. wurde am 1. November 1991 in der Turnhalle Rhinstraße 137 in Berlin Lichtenberg gegründet.
Laut Tagesordnungspunkt 1 und 2 aus dem Gründungsprotokoll wurde an diesem Tag die erste Vereinssatzung erstellt und einstimmig angenommen. Mit dem Tagesordnungspunkt 3 erfolgte die Wahl des Vereinsvorstands. Zum ersten Vorsitzenden des Vereins wurde Hans Orzechowski gewählt und zu seinem Stellvertreter Frank Fischer. Stefan Giersch übernahm das Amt des Kassenwartes und Benjamin Wöltge wurde zum Sportwart und Schriftführer gewählt.
Die Vortandsmitglieder waren ehemalige Schüler, welche sich ehrenamtlich engagieren wollten. Benjamin Wöltge war schon zu “Karatezeiten” in der DDR mit Meisterin Ute bekannt. Meisterin Ute selber wollte zu dieser Zeit nicht in den Vorstand, weil noch nicht geklärt war, wie sich diese ehrenamtliche Arbeit mit der Anstellung als Trainerin / Meisterin vereinbaren lässt. Großmeister Phạm ngọc Quân und Meisterin Ute Phạm wurden als Meister im Verein angestellt.
Der Verein erhielt den Namen Kunstkampfsport-Club. Aus einem weiteren Protokoll geht hervor, dass offensichtlich alternative Namen diskutiert wurden. Ein anderer Vorschlag war: “Kampfsportstudio Phạm ngọc Quân”. Laut Meisterin Ute Phạm gab es damals eine ganze Liste mit Namensvorschlägen. Der Name Kunstkampfsport-Club entstand eher durch Zufall, da der damalige Vorsitzende Hans Orzechowski versucht hat, möglichst viele der Vorschläge in einem Namen zu vereinen.
Das schriftlich formulierte Ziel war, einen Verein zur Erhaltung und Förderung der vietnamesischen Kunstkampfsportart “Kung Fu” zu gründen. Der Vereinssitz wurde vorläufig auf die Rhinstraße 137 in Berlin Lichtenberg festgelegt. Der offizielle Eintrag des Vereins beim Amtsgericht ist auf den 25. Juli 1992 datiert.