Wieder einmal ist ein ganzes Jahr vergangen, die Sommerferien kamen und plötzlich stand unser diesjähriges Kung Fu Trainingslager vor der Tür. Am 22. Juli war es soweit: Ein ganzes Jahr Training mit Schweiß und Spaß lag hinter uns und endlich ging es wieder los!
Um 10.15 Uhr trafen wir uns am Berliner Hauptbahnhof, schwer bepackt mit unseren Taschen, für die wir gleich bunte Bändchen bekamen, damit auch ja keine verloren gehen würde. Es gab ein großes Hallo unter den altbekannten Trainingslager-Gesichtern und ein anfangs etwas Schüchterneres bei denjenigen, die das erste Mal mitfahren würden.Schließlich fuhr der Zug ein und unsere Gruppe betrat voller aufgeregter Vorfreude das zum Glück nur mäßig volle Abteil.
So fuhren wir zunächst bis zum Hauptbahnhof Magdeburg, von wo aus wir in einen kleineren Zug umstiegen, der uns bis nach Wernigerode in den Harz bringen sollte. Dort angekommen warteten wir in der warmen Sommersonne auf den Bus zur Jugendherberge. Natürlich mussten wir trotzdem noch ein ganzes Stück laufen und einige Treppen bis in den dritten Stock erklimmen, bevor wir vor unseren Zimmern standen und waren dementsprechend reichlich verschwitzt. Dann kam die gute Nachricht: Wir hatten 3er und 4er Zimmer mit jeweils einem eigenen Bad! Luxus pur wenn man so oft duscht wie im Trainingslager. Die Zimmereinteilung ging dann auch recht flott vonstatten und wir bezogen gleich unsere Betten, räumten die Taschen aus und erholten uns ganz einfach von der Reise.
Um 17 Uhr trafen wir uns im Flur bei einer kleinen Sitzgelegenheit, die im Laufe der Woche langsam zu unserem Mini-Gemeinschaftsraum werden sollte, und Meister Stefan Buchhorn besprach mit uns den Tagesablauf und die Regeln. Es gab leider auch gleich den ersten Dämpfer, als wir unsere Trainingshalle besichtigten und sahen, wie klein sie war.Doch noch vor dem Abendessen machten sich Stefan, Andreas und Patrick auf die Suche nach einer Trainingswiese – und sie hatten Erfolg!
Die Wiese war einigermaßen eben, groß, mit Schattenstellen und einem kleinen Teich nebenan. Auch die Lage war traumhaft: mitten im Wald und in einem kleinen Tal zwischen Hügeln. In dieser Hinsicht also befriedigt widmeten wir uns um 18 Uhr voll dem leckeren Buffet. Es gab eine große Auswahl an Brot, Belag, Salaten und sogar etwas Warmem wie Gulasch und Soljanka. Da um 22 Uhr Bettruhe war, ließen wir den Abend ruhig ausklingen und unsere Neuzugänge lernten „Werwolf“ kennen – das heiß geliebte Trainingslagerspiel vom letzten Jahr.
Am Montag klingelte bei den meisten um 7.30 Uhr der Wecker. Etwas verschlafen machten wir uns auf den Weg zum Frühstück, das genauso abwechslungsreich war, wie das Buffet am Vorabend. Dann wurden zum ersten Mal die frischen Anzüge angezogen, geschäftig Trinkwasser verteilt und schließlich gingen wir gemeinsam um 9.30 Uhr zur Trainingswiese. Das bedeutet: Wir liefen 1 bis 2 km mit einem letzten steilen Anstieg über den Hügel und kamen dann endlich leicht angestrengt, aber gleich aufgewärmt, an. Die Trainingsstunde begannen wir mit einigen Partnerübungen, um uns an unsere Partner und die benötigte Distanz zu gewöhnen. Ich war sehr gespannt, was das Training bringen würde, da die erste Partnerform im Gegensatz zu den Waffenformen der letzten Jahre etwas ganz Neues war und viele andere Anforderungen versprach. Zum Beispiel die schon angesprochene Distanz zum Gegner, der Fokus oder auch die Tatsache, dass der Angriff immer sinnvollerweise vor dem entsprechenden Block erfolgen muss, was leichter klingt, als es dann beim Üben der Form tatsächlich war.
Nachdem wir einige Partnerübungen hinter uns hatten, teilten wir uns in 2er Paare und lernten die ersten 4 Schritte der Partnerform. Gegen Ende tauschten wir einige Male unsere Partner, um uns auch auf unterschiedliche Gegner einstellen zu können. Unser Meister beendete die erste Stunde schließlich mit einigen Basisübungen zum tiefen Stand und zur richtigen Fauststoßtechnik sowie zur richtigen Fausthaltung und Grundspannung, was Grundvoraussetzungen für eine gute Kung Fu Form sind. Nach ein paar Minuten Dehnung wanderten wir zurück zur Jugendherberge, duschten und aßen unser wohlverdientes Mittag.
Im Anschluss hatten wir bis 14.50 Uhr Zeit um ein wenig zu schlafen, Tischtennis oder auch Karten zu spielen, ehe es dann in die zweite Runde ging: Diesmal trainierten wir von 15 bis 17 Uhr in der kleinen Trainingshalle auf der Anlage, die überraschenderweise schön kühl war. Zu Beginn der Trainingseinheit lag das Augenmerk der Übungen vornehmlich auf dem tiefen, korrekten und stabilen Stand, den man natürlich in einer Halle auf ebenem Boden besser trainieren kann, als auf einer Wiese. Danach brachte Meister Stefan uns weitere 8 Zählzeiten der Partnerform bei, die wir bis zum Ende der Stunde mit unseren Partnern üben durften. Dabei machten wir gleich eine neue Erfahrung: Da wir uns mit einer Partnerform, letzten Endes also mit uns und einem anderen Menschen, beschäftigten, um bestimmte Kung Fu Fertigkeiten zu erlernen, waren wir als Schüler mehr als sonst gefordert, selbst mitzudenken, uns auf jeden Gegner neu einzustellen und uns zu konzentrieren, um dieses Aufmerksamkeitsspiel von Aktion und Reaktion zu trainieren. Langeweile sieht anders aus! Nachdem uns Meister Stefan am Ende der Stunde zufrieden gelobt hatte, machten wir uns motiviert auf den Weg zum Abendessen und fielen dann nach einigen Runden Werwolf ins Bett.
Und gleich am nächsten Morgen gabs die nächste Erkenntnis dieses Trainingslagers: blaue Flecken! Denn Abhärtung braucht man bei der Beschäftigung mit einer Partnerform wirklich nicht noch extra zu üben. Nach dem Frühstück marschierten wir erneut zur Wiese und lernten die nächsten Schritte der Form, sodass wir nach einigem Üben auch mit Partnertausch am Ende der Stunde schon fast bei der Hälfte angelangt waren. Jedes Paar erhielt außerdem eine besondere Aufgabe für das Laufen der Form, wie beispielsweise tiefer Stand, Faust an die Hüfte, oder auch vor dem Angriff ansagen, wo dieser treffen soll, um sich bewusst zu machen, welche Techniken wo hingehen. Am Nachmittag lernten und trainierten wir weitere Schritte der Form und machten auch ein wenig Pratzentraining, um bestimmte Techniken aus der Form einzeln zu üben. Da gibt es den normalen Fauststoß, den Aufwärtshaken, den Vorwärtsfußtritt, den Halbkreisfußtritt, den Schwinger oder auch den Handrückenschlag aus der Drehung heraus. Insofern waren wir technisch gut gefordert und konzentrierten uns ganz auf die richtige Ausführung der Angriffe. Auch an diesem Tag durfte natürlich eine Runde Werwolf nicht fehlen und die Tischtennisplatten wurden natürlich bei dem schönen, warmen Sommerabend viel genutzt, bevor es Zeit war, ins Bett zu gehen.
Am Mittwoch wachte so manch einer schon mit Muskelkater auf und auch die Ergebnisse des Abhärtungseffekts der Form konnten bewundert werden. Nichtsdestotrotz machten wir uns um 10 Uhr auf zu unserer lieben Trainingswiese und fingen gleich mit dem Wiederholen der bisherigen Schritte sowie mit dem Erlernen der nächsten 4 Schritte an.
Nun waren wir schon fast am Ende der Form angekommen und gingen das Üben mit neuem Elan an. Gegen Ende lief allen der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter, da das Wetter sehr heiß und schwül geworden war, und wir ließen die Trainingseinheit mit dem Wiederholen einiger Angriffstechniken gegen die Pratze ausklingen. Am Nachmittag erwartete uns die kleine Halle mit einer feuchten Überraschung: Nichts ahnend begannen wir, uns mit unseren Partnern einzulaufen und mussten bald darauf feststellen, dass der Hallenboden vom Saubermachen und wegen der schwülen Hitze nicht ganz trocken war.
So rutschte bald der Erste beim Üben aus und brachte einen eleganten Halbspagat zustande, der lustig anzusehen war – doch bald hörten wir auf, die Ausrutscher zu zählen, so viele waren es. Hier hatten wir nun eine neue Schwierigkeit vor uns und verbunden mit den komplexen Aufgaben, die uns der Meister stellte, war es gar nicht so einfach, diese erfolgreich zu bestehen! Aber natürlich gaben wir uns die größte Mühe, lernten sogar die Form noch bis zum Ende, worüber sich alle freuten, und hatten großen Spaß bei der Sache! Zusammengefasst: Der Abend begrüßte uns mit blauen Flecken, Muskelkater und einigen leichten Knieprellungen, doch stolz und voller Motivation.
Der Donnerstag war unser trainingsfreier Tag und es gab zwei Möglichkeiten, ihn zu nutzen: entweder ins Wernigeroder Spaßbad zu gehen oder von Schierke aus auf den Brocken zu wandern und anschließend mit der Eisenbahn wieder hinunter zu fahren. Da einige schwimmen wollten und andere wandern, teilten wir uns in zwei Gruppen auf, wobei die Spaßbadgruppe die ungleich größere war. Also trafen wir uns um 9.30 Uhr im Flur; mit unseren Rucksäcken und der Kaltverpflegung bereit zum Abmarsch. Nach etwa 20 Minuten erreichte meine Gruppe verschwitzt von der Sonne die Schwimmhalle. Wir hatten nun drei Stunden zu unserer freien Verfügung im Spaßbad – und wie der Name schon sagt: Spaß hatten wir auf jeden Fall! Mit der Reifenrutsche, dem Wasserfall, Sprudelliegen, einem Whirlpool, einem Kreisstrudel, dem großen Schwimmbecken und „Schwimm-Geh“ verging die Zeit wie im Flug. Als wir erschöpft und hungrig wieder draußen standen, machten wir uns als erstes über unsere Lunchpakete her und beschlossen dann, gemeinsam noch einkaufen zu gehen. Bestens versorgt mit Süßigkeiten, Obst und Knabberzeug waren wir schließlich gegen 14 Uhr zurück in der Herberge. Bis 18 Uhr spielten wir in unseren Zimmern Karten, schliefen oder entspannten uns einfach – die Hitze draußen war nicht auszuhalten – und gingen dann hinunter zum Buffet, wo wir heute sogar ein leckeres Hot Dog essen konnten. Gerade als wir an den Tischen saßen, kehrte auch die Wandertruppe wieder zurück und wir tauschten uns gleich über unsere Erlebnisse aus. Am Abend wurde dann wieder gespielt was das Zeug hält: Werwolf, Tischtennis, Rommee, Doppelkopf, Skat, Uno, usw.
Frisch ausgeruht erwachten wir dann auch am nächsten Tag und begannen ihn mit einem ausgiebigen Frühstück, gefolgt von der Partnerform, die wir an diesem Tag immer wieder mit bestimmten Aufgaben in der prallen Hitze liefen. Nachmittags war unsere Trainingshalle von Neuem feucht und wir warteten also erst einmal eine Viertelstunde draußen auf den Hausmeistergehilfen, der die Fenster öffnete und den Boden trocken wischte. Anschließend klappte das Training doppelt gut und wir wiederholten einige Techniken gegen die Pratze und liefen die Form viele Male mit und auch ohne Zählzeiten. Wer Lust hatte, durfte nach dem Training sogar noch in der Halle bleiben und selbstständig weiterüben: ein Angebot, das von mehreren Schülern sehr gern angenommen wurde. Nach einem verdienten Abendessen gab es ein kleines Tischtennisturnier und später eine gemütliche Massageschlange, während es draußen wie aus Kübeln goss und gewitterte.
Am nächsten Morgen, unserem letzten Trainingstag, marschierten wir ein letztes Mal zu unserer liebgewonnenen Trainingswiese und sahen erleichtert, dass der frische Wind das nasse Gras fast schon getrocknet hatte. Wieder einmal hatten wir gehöriges Glück mit dem Wetter gehabt! Zuerst liefen wir die Form zweimal mit Zählzeiten und zweimal mit unserem Partner ohne Zählen, bevor wir schließlich die Partner tauschten und die Form + Aufgaben in drei Durchgängen mit Pausen zwischendurch jeweils 10 Mal laufen sollten. Dieser letzte Automatisierungs- und Technikschliff war trotz der kühleren Temperaturen extrem anstrengend und forderte jeden von uns körperlich und geistig, sodass wir uns in den Pausen einfach mit ausgebreiteten Armen auf die Wiese stellten und uns vom Wind trocknen ließen. Da wir an diesem Tag schon eine halbe Stunde eher essen mussten als sonst, beendete der Meister das Training vorzeitig und wir machten uns auf den Rückweg. Zusehends bedeckte sich der Himmel mit Wolken, sodass nach dem Mittag klar wurde, dass wir unsere letzte Trainingsstunde in diesem Trainingslager im Harz in der kleinen Halle verbringen würden. Diese begannen wir mit einer langen und schweißtreibenden Erwärmung, der einige Grundübungen im Stand und schließlich einige letzte Durchläufe der Form mit unserem Anfangspartner folgten. Am Ende fassten wir unsere gemeinsame Woche noch einmal zusammen: Wir machten uns klar, was wir erreichen wollten und warum, was wir schließlich erreicht hatten und wiederholten einige grundlegende Fähigkeiten des Kung Fu, an denen wir mit Hilfe der ersten Partnerform gearbeitet hatten. Die letzte halbe Stunde hatten wir zu unserer freien Verfügung, um alles zu üben, wozu wir Lust hatten. Das wurde natürlich kräftig ausgenutzt und so saßen wir später alle zusammen glücklich erschöpft am Esstisch.
Als besonderen Abschluss der Woche, in der wir auch als Trainingsgruppe zusammengewachsen waren und Freundschaften vertieft und geschlossen hatten, veranstalteten wir einen Kegelabend mit viel Jubel und Spaß. Irgendwann neigte sich jedoch auch dieser letzte Tag dem Ende zu und wir mussten wohl oder übel ins Bett gehen. Der Sonntagmorgen kam natürlich und verlief geschäftig mit frühstücken und packen und viel zu schnell kam der Moment, in dem wir Abschied nehmen mussten. Um 9 Uhr war die Übergabe der Zimmer, dann stiegen wir in den Bus, und kamen dann mit zweimaligem Umsteigen kurz nach 15 Uhr am Hauptbahnhof an, wo uns unsere Eltern und der Alltag Berlins begrüßten.
Ich freue mich schon auf das nächste Trainingslager und hoffe, es wird wieder so schön wie dieses Jahr! (Insa K.)